Wie dramatisch die Lage auf den Intensivstationen in Deutschland während der Höhepunkte der Corona-Wellen wirklich war oder mancherorts vielleicht immer noch ist, wird man als Außenstehender kaum seriös beurteilen können. Daher muss man sich auf belastbare Zahlen und Statistiken sowie Aussagen von Menschen verlassen, die es wissen müssen. Genau dies wollen wir an dieser Stelle tun.
Wie schon im ersten Teil
dieser Serie hat die Bundesregierung auch bezüglich der Situation auf den Intensivstationen in Deutschland offensichtlich nicht immer ganz die Wahrheit gesagt. Eine aktuelle Veröffentlichung
von zehn disziplinübergreifend tätigen Fachleuten um Prof. Dr. med. Matthias Schrappe von der Universität Köln zeigt einige interessante Details auf:
1. Nach Japan (7,8) und Südkorea (7,1) liegt Deutschland unter allen OECD-Ländern mit 6,0 Krankenhausbetten auf 1.000 Einwohner an dritter Stelle. Der OECD-Schnitt liegt bei 3,7 Betten auf 1.000 Einwohner.
2. Bei den Betten auf Intensivstationen liegt Deutschland mit 33,9 Betten auf 100.000 Einwohner sogar an der Spitze, Österreich (28,9), die USA (25,8) und Belgien (17,4) folgen dahinter, der OECD-Schnitt liegt bei 12,0.
3. Ebenfalls an der Spitze liegt Deutschland aber auch beim Anteil der auf die Intensivstation verlegten Patienten. Mit Stand vom 27.04.2021 landeten in Deutschland 41 % aller hospitalisierten COVID-19-Patienten auf der Intensivstation. Auf den Plätzen dahinter folgen mit weitem Abstand Belgien (29 %), Schweiz (25 %), Spanien (24 %), Frankreich (19 %) und Italien (11 %).
Diese drei Statistiken legen die Vermutung nahe, dass die Kapazitäten auf den Intensivstationen in Deutschland bewusst bis an die Obergrenze ausgelastet werden. Da wir uns das offensichtlich leisten können (siehe Punkt 1 und 2) ist das auch richtig so. Es kann niemand etwas dagegen haben, wenn im Zweifelsfall ein Patient zu viel als zu wenig auf die Intensivstation verlegt wird, daraus aber einen Alarmismus abzuleiten, verfehlt das Ziel.
Die Zahl der Intensivbetten in Deutschland wurde im Spätjahr 2020 stetig abgebaut
Zu den wichtigsten Argumenten für den Dauer-Lockdown gehört seit Monaten die angeblich drohende Überlastung des Gesundheitssystems, insbesondere in Bezug auf die freien Betten auf Intensivstationen in Deutschland. Auch hier entpuppt sich Jens Spahn (CDU) einmal mehr als Lügenminister. Auf dem öffentlich zugänglichen Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
(DIVI) kann sich der interessierte Bürger jederzeit über die Situation auf den Intensivstationen in Deutschland informieren. Wer dies tut und sich dabei die Gesamtkapazitäten der Intensivstationen im Spätjahr 2020 anschaut, wird dabei wahrhaft Erstaunliches feststellen.
Vom 15. September (Gesamtkapazität: 30.645 Betten) über den 15. Oktober (30.233) und den 15. November (28.128) bis zum 15. Dezember (27.153) wurden auf den Intensivstationen in Deutschland knapp 3.500 Betten abgebaut; und das mitten in einer Pandemie und während eines Lockdowns, der maßgeblich mit der drohenden Überlastung der Intensivstationen begründet wurde und wird. Es ist kaum davon auszugehen, dass diese Entwicklung der Bundesregierung verborgen geblieben ist. Gleichzeitig kann man aber davon ausgehen, und die politischen Entscheidungsträger sind offensichtlich auch davon ausgegangen, dass sich die meisten Bürger sich nicht so sehr für solche Zahlen interessieren bzw. diese nicht selbst recherchieren. Was also ist hier passiert, wie ist das zu erklären?
Zu einem Bett auf der Intensivstation gehört immer und vor allem auch geschultes Pflegepersonal. Es könnte daher natürlich auch sein, dass den Krankenhäusern im fraglichen Zeitraum eben dieses Personal abhandengekommen ist. Aber wo sind diese Pflegekräfte hingekommen? Konnten sie ihren Dienst nicht mehr verrichten, weil sie zu Hause ihre im von der Bundesregierung auferlegten Lockdown gefangenen Kinder betreuen mussten, da diese nicht in den Kindergarten oder die Schule gehen konnten? Oder hat man Betten abgebaut, weil man es sich leisten konnte?
Der Abbau von rund 10 % der Bettenkapazitäten auf den Intensivstationen in Deutschland im Spätjahr 2020 wirft also einige berechtigte Fragen auf. Wenn während eines Lockdowns inmitten einer Pandemie mehrere tausend Intensivbetten abgebaut werden, sollten die politisch dafür Verantwortlichen ihrer Bevölkerung nicht mit immer neuen Verlängerungen und immer härteren Maßnahmen drohen.
Ricardo Lange spricht Klartext
In den vergangenen Wochen erlangte der Intensivpfleger Ricardo Lange unter anderem durch seine Auftritte bei der Bundespressekonferenz und anschließend bei Markus Lanz bundesweite Bekanntheit. Lange stellte klar, dass die Intensivstationen in Deutschland bereits seit Jahren, also lange vor Corona, an der Auslastungsgrenze arbeiten. Diese Tatsache muss auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn bekannt gewesen sein. Anstatt für diese Versäumnisse die Verantwortung zu übernehmen, macht er die Corona-Pandemie für die aktuelle Lage in den Krankenhäusern, Pflegeheimen und auf den Intensivstationen verantwortlich.
Wir fassen also zusammen: Deutschland hat in der Pro-Kopf-Berechnung weltweit mit die meisten Krankenhaus- und Intensivbetten. Im europäischen Vergleich scheinen in Deutschland die Kriterien für die Verlegung von COVID-19-Patienten auf die Intensivstation besonders niedrig zu sein. Zwischen September und Dezember 2020 wurde die Gesamtkapazität der Betten auf den Intensivstationen in Deutschland von 30.645 auf 27.153 Betten abgebaut. Die Intensivstationen in Deutschland arbeiteten schon vor Corona an der Belastungsgrenze. Ein monatelanger Lockdown, der auf dem Hauptargument der angeblich drohenden Überlastung des Gesundheitssystems beruht, war und ist daher nicht zu rechtfertigen.
Quellen: