Am 17.03.2022 fand im Bundestag die erste Lesung der Gruppenanträge zur allgemeinen Impfpflicht statt. Aus diesem Anlass habe ich den Bundestagsabgeordneten aus meinem Wahlkreis (279 Pforzheim, Baden-Württemberg) am 19.02.2022 über ein allgemein bekanntes Portal die Frage gestellt, welchen der vorliegenden Anträge sie zu unterstützen gedenken. Die Antworten darauf sind insbesondere vor dem Hintergrund interessant, als dass ich den Abgeordneten bereits am 31.08.2021, also wenige Wochen VOR der Bundestagswahl, eine ähnlich gelagerte Frage gestellt hatte. Die damalige Frage bezog sich darauf, ob sich die Abgeordneten gegen eine Impfpflicht einsetzen werden.
Katja Mast (SPD) und Gunther Krichbaum (CDU) mit erstaunlicher Kehrtwende
Katja Mast führte am 05.09.2021 auf die Frage, ob sie sich gegen eine Impfpflicht einsetzen werde, aus:
"Natürlich darf es im Umkehrschluss keine Anfeindungen o.Ä. gegenüber all denjenigen geben, die sich z.B. aus persönlichen Gründen gegen eine Impfung entscheiden … Eine Impfpflicht gibt es aus sehr guten Gründen nicht."
Bei Gunther Krichbaum hörte sich die Antwort vom 01.09.2021 auf dieselbe Frage so an:
"Jeder kann sich entscheiden, ob er sich impfen lässt."
Beide Politiker haben im Endspurt zur Bundestagswahl betont, eine Impfpflicht gebe es "aus sehr guten Gründen nicht", und "jeder kann sich entscheiden, ob er sich impfen lässt". Bereits am 10.12.2021, also nur wenige Wochen NACH der Wahl stimmten sowohl Katja Mast als auch Gunther Krichbaum FÜR die "Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen und weitere Änderungen im Infektionsschutzgesetz". Mit diesem Abstimmungsverhalten haben die beiden langjährigen Parlamentarier nicht nur Wortbruch am Wähler begangenen, sondern Pflegekräfte und Ärzte in ganz Deutschland zur Impfung genötigt - also ausgerechnet jene Berufsgruppen, denen sie (die Politiker) in den Monaten zuvor angeblich so dankbar waren und sind.
Doch damit noch nicht genug. Als es dann um die allgemeine Impfpflicht ging, blieben Mast und Krichbaum ihrem Wortbruch konsequenterweise treu. Beide Politiker antworteten am 21.02.2022 auf meine zwei Tage zuvor gestellte Frage wie folgt:
"Ich unterstütze den Gruppenantrag zur Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren, den Antrag, der ein Inkrafttreten der Impfpflicht ab dem 01. Oktober 2022 vorsieht; bis zum 31. Dezember 2023 befristet und alle drei Monate auf seine Wirksamkeit überprüft wird." (Katja Mast, SPD)
"Grundsätzlich bin ich jedoch der Meinung, dass wir alles daran setzen müssen, die im europaweiten Vergleich zu geringe deutsche Impfquote vor dem nächsten Herbst zu steigern. Eine Impfpflicht - evtl. begrenzt auf bestimmte Altersgruppen - kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Mindestens ebenso wichtig wäre aber zuvor der Aufbau einen nationalen Impfregisters, damit wir - nicht nur für Corona - einen genaueren Überblick über den Impfstatus der Bevölkerung haben." (Gunther Krichbaum, CDU)
Herr Krichbaum ist inzwischen also nicht nur für eine (evtl. altersbezogene) Impfpflicht, er befürwortet auch ein Impfregister, damit “wir“ (wer auch immer mit “wir“ gemeint ist) wissen, wer gegen was geimpft ist – oder auch nicht. Ausdrücklich hebt Herr Krichbaum hervor, dass es dabei nicht nur um Corona geht.
Krichbaum mimt den Moralapostel
Anstatt sich an ihr Versprechen zu erinnern, das sie ihren Wählern VOR der Bundestagswahl gegeben haben, versucht zumindest Krichbaum, sich zum Moralapostel aufzuschwingen. Ich habe in meiner Fragestellung vom 19.02.2022 ganz bewusst auf den "Nürnberger Kodex" verwiesen. Dieser Hinweis erfolgte vor dem Hintergrund, dass es sich bei den gängigen Impfstoffen um Präparate handelt, die über eine bedingte (!) Zulassung verfügen. Darüber hinaus hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der nach eigenem Bekunden “keine roten Linien mehr kennt“, in diesem Zusammenhang Geimpfte als “Versuchskaninchen“ bezeichnet. Seine Parteifreundin Saskia Esken (SPD) hat, ebenfalls in diesem Zusammenhang, von einem “großen Feldversuch“ gesprochen. Insofern erscheint ein Bezug auf den “Nürnberger Kodex“ nicht nur naheliegend, er drängt sich geradezu auf.
Während Katja Mast mit keinem Wort auf den "Nürnberger Kodex" eingegangen ist, wer weiß warum, reagierte Gunther Krichbaum sichtbar gereizt, holte die Nazi-Keule aus dem Schrank und verrannte sich in der Diffamierung des Fragestellers, indem er schrieb:
"Der Vergleich einer Impfung mit wissenschaftliche getesteten Corona-Impfstoffen mit den menschenverachtenden medizinischen Experimenten der Nazis, an denen tausende Menschen elendig zugrunde gingen, verbietet sich nicht nur, er ist auch abstoßend und verharmlosend."
Damit versucht sich Krichbaum in der Deutungshoheit der Moral. Er weist zwar grundsätzlich auf das Richtige hin, übersieht dabei aber, dass der “Nürnberger Kodex“ genau aufgrund eben dieser Erfahrungen im Jahr 1947 verabschiedet und im Jahr 1997 – anlässlich des 50. Jahrestags seiner Verabschiedung - in seiner Gültigkeit ausdrücklich bestätigt wurde.
Auch die “Genfer Flüchtlingskonvention“ ist eine Lehre aus dem dunklen Kapitel des Dritten Reiches. Demzufolge müsste jeder Verweis auf die “Genfer Flüchtlingskonvention“ im Zusammenhang mit der heutigen Migrations- und Asylpolitik als ebenso “abstoßend“ und “verharmlosend“ bezeichnet werden und sich von selbst "verbieten".
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