Zu den spannendsten Fragen des Christentums gehört die Frage, ob Gott Sein auserwähltes Volk Israel verstoßen hat und an dessen Stelle die Kirche bzw. die Gemeinde Jesu getreten ist. Vor allem in Bezug auf die Endzeit und das Zweite Kommen Jesu ist diese Frage von einiger Bedeutung. Fakt ist jedoch, dass die Bibel keinerlei Anhaltspunkte für diese “Ersatz-Theologie“ liefert.
Gottes Bund mit Israel im Alten Testament
An unzähligen Stellen im Alten Testament stoßen wir auf eindeutige Bekenntnisse Gottes zu Israel als Seinem auserwählten Volk. Zu den ersten Stellen dieser Art gehört der Bund zwischen Gott und Abraham.
“Du wirst Stammvater vieler Völker werden. Darum sollst du von nun an nicht mehr Abram heißen, sondern Abraham. Ich werde dir so viele Nachkommen geben, dass zahlreiche Völker daraus entstehen – sogar Könige sollen von dir abstammen! Dieser Bund gilt für alle Zeiten, für dich und für deine Nachkommen. Es ist ein Versprechen, das niemals gebrochen wird: Ich bin dein Gott und der Gott deiner Nachkommen, und ich gebe euch das ganze Land Kanaan, wo ihr bisher nur Fremde seid. Ihr werdet es für immer besitzen, und ich werde euer Gott sein. Doch auch du, Abraham, musst dich bei unserem Bund zu etwas verpflichten, und deine Nachkommen sollen sich ebenfalls daran halten: Alle Männer unter euch sollen an der Vorhaut ihres Gliedes beschnitten werden – als Zeichen dafür, dass ich mit euch einen Bund geschlossen habe. Bei allen männlichen Neugeborenen soll die Beschneidung am achten Tag durchgeführt werden.“
(1. Mose 17, 4-12)
Gottes Bund mit Abraham und dessen Nachkommen “gilt für alle Zeiten“. Als weitere Verheißung wird den Nachkommen Abrahams das Land Kanaan zugesprochen, also das heutige Israel. Ebenso geht die jüdische Tradition der Beschneidung auf diesen Bund zwischen Gott und Abraham zurück. Sowohl das Christentum und Judentum als auch der Islam berufen sich auf Abraham als ihren Stammesvater. Wenn in der Bibel von “Gottes (auserwähltem) Volk“ die Rede ist, können damit jedoch immer nur Israel und die Juden gemeint sein. Dies wird an folgender Stelle aus dem Alten Testament nochmals verdeutlicht:
“Denn ihr seid ein heiliges Volk – ihr gehört ganz dem Herrn, eurem Gott. Unter allen Völkern der Welt hat Er euch als sein Volk ausgewählt. Das hat Er nicht etwa getan, weil ihr zahlreicher wärt als die anderen Völker. Denn ihr seid ja das kleinste von allen Völkern. Nein, aus Liebe hat Er sich euch zugewandt und weil Er das Versprechen halten wollte, das Er euren Vorfahren gegeben hat. Darum hat Er euch mit großer Macht aus der Sklaverei in Ägypten herausgeholt, Er hat euch aus der Gewalt des Pharaos, des Königs von Ägypten, befreit.“ (5. Mose 7, 6-8)
Die jüdische Diaspora - Hat sich Gott von Israel abgewendet?
Die “Ersatz-Theologie“ gründet vor allem auf der Annahme, dass sich Gott von Seinem Volk Israel abgewendet habe. Er sei den Götzendienst und die Sünden leid gewesen und habe sich daher ein “neues“ Volk auserkoren. Deshalb sei Jesus Christus auf die Erde gekommen, um mit der Kirche bzw. der Gemeinde ein “neues“ Volk zu gründen. Rufen wir uns dazu die Worte des Propheten Hesekiel ins Gedächtnis:
“Ich vertrieb sie zu anderen Völkern, in fernen Ländern mussten sie wohnen. Doch wohin sie auch kamen, brachten sie Schande über meinen heiligen Namen. Die Menschen, die ihnen begegneten, sagten: `Sie sind das Volk des Herrn, und dennoch konnte Er nicht verhindern, dass sie aus Seinem Land vertrieben wurden.‘ Ich sah, wie meine Ehre auf dem Spiel stand, denn die Israeliten brachten mich bei den anderen Völkern in Verruf. Darum richte ihnen diese Botschaft aus:
Was ich für euch tun werde, geschieht nicht um euretwillen. Meine Ehre will ich retten, die ihr vor den Augen anderer Völker in den Schmutz gezogen habt. Ja, weil viele Völker mich verachten, will ich ihnen meine Macht und Herrlichkeit zeigen. Dann sollen sie erkennen, dass ich der Herr bin. Alle werden meine Heiligkeit sehen, wenn ich euch helfe. Das verspreche ich!
Ich hole euch zurück aus fernen Ländern und fremden Völkern und bringe euch in euer eigenes Land. Mit reinem Wasser wasche ich eure Schuld von euch ab. Dem Götzendienst, der euch unrein gemacht hat, bereite ich ein Ende.
Ich will euch ein anderes Herz und einen neuen Geist geben. Ich nehme das versteinerte Herz aus eurer Brust und gebe euch ein lebendiges Herz. Mit meinem Geist erfülle ich euch, damit ihr nach meinen Weisungen lebt, meine Gebote achtet und sie befolgt. Dann wohnt ihr wieder in dem Land, das ich euren Vorfahren gegeben habe. Ihr werdet mein Volk sein, und ich werde euer Gott sein. Ich befreie euch von eurer Schuld, die euch unrein machte. Das Getreide lasse ich wieder wachsen, damit ihr nie mehr Hunger leiden müsst. Die Bäume sollen wieder Früchte tragen und die Felder reichen Ertrag bringen. Nie mehr werden die anderen Völker euch verspotten, weil ihr nichts zu essen habt. Dann sollt ihr euch daran erinnern, wie falsch eure Wege und wie schlecht eure Taten waren. Wegen eurer Schuld und eurem Götzendienst werdet ihr euch selbst verabscheuen. Ich, der Herr, sage euch Israeliten: Nicht um euretwillen erweise ich euch so viel Gutes. Ihr müsst euch schämen für alles, was ihr getan habt!“
(Hes 36, 19-32)
Israels Abfall vom Glauben mündete in die jüdische Diaspora, die mit der Eroberung Jerusalems und der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. begann. Gott hat Sein Volk jedoch niemals vergessen, ebenso wenig Seinen ewigen Bund. Auch wenn dieser Bund von Seinem Volk mehrfach (einseitig) gebrochen wurde, hält Gott Sein Wort immer!
Auch im Neuen Testament finden sich klare Hinweise auf die Haltung Gottes gegenüber Seinem Volk:
“Ich frage jetzt: Will Gott von Seinem Volk nichts mehr wissen? Davon kann keine Rede sein! Auch ich bin ja ein Israelit, ein Nachkomme Abrahams aus dem Stamm Benjamins. Wie könnte Gott Sein Volk, das Er sich einmal erwählt hat, einfach aufgeben?“
(Röm 11, 1-2)
In seinem Brief an die Römer bekräftigt Paulus nicht nur die Bundestreue Gottes gegenüber Seinem Volk Israel, sondern beruft sich ausdrücklich auch auf seine eigene Abstammung von Abraham.
Der Staat Israel – Biblische Prophetie erfüllt sich vor unseren Augen
Der vielleicht eindrücklichste Gottesbeweis und Ausdruck der Gnade gegenüber Seinem Volk ist der moderne Staat Israel. Die Worte des Propheten Hesekiel erfüllen sich seit dem 14. Mai 1948 vor unseren Augen. Gott hat Israel nicht nur sein Land zurückgegeben, sondern sammelt die Juden aus allen Ecken der Erde in Israel. Dies ist eine grundlegende Voraussetzung für die Wiederkunft Christi am Ende der Zeiten. Jesus selbst ist es, der auf diesen unmittelbaren Zusammenhang hinweist:
“Das sage ich euch: Dieses Volk wird nicht untergehen, bevor das alles geschieht. Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber gelten immer und vergehen nie.“
(Mt 24, 34-35)
Wir erleben hier biblische Prophetie “zum Anfassen“. Die Kirche hat das Volk Israel also nicht
ersetzt. Erstens hatten die Kirche oder die Gemeinde zu keinem Zeitpunkt den Status eines Volkes oder einer Nation. Zweitens lässt sich nicht darstellen, wann oder in welcher Weise die Christen in alle Winde zerstreut worden wären, um sich dann wieder in “ihrem“ (einem bestimmten) Land zu sammeln. Vielmehr hat Gott mit der Geburt Jesu seinen Bund mit Israel erweitert und ihn für alle Menschen zugänglich gemacht. Dies ändert jedoch nichts an der Sonderstellung der Israeliten vor Gott.
Knapp 2.000 Jahre in der Diaspora haben weder dazu geführt, dass die Juden aufgehört hätten, als Volk zu existieren, noch zum Verlust ihrer hebräischen Sprache. Beides ist ein Wunder Gottes und in der Weltgeschichte wohl beispiellos. Ebenso sind sämtliche Versuche, die Juden bzw. das Volk Israel auszulöschen, letztendlich gescheitert.